23. November 2020
An den Gemeinderat der Stadt Bern
Sparmassnahmen bei der Kulturförderung
Sehr geehrter Herr Stadtpräsident,
Sehr geehrte Gemeinderätinnen und Gemeinderäte,
Das Kulturschaffen steht, wie das ganze gesellschaftliche Leben, zwischen neuem Aufbruch und ungewisser Perspektive. Die jüngste Corona-Entwicklung und die damit verbundenen, noch strengeren Schutzmassnahmen führen im Kulturbetrieb zu weiteren Einschränkungen, deren Folgen noch unabsehbar sind. Ob grosse Institutionen oder kleine Bühnen, die Situation ist für alle gleich: Niemand weiss, wie die Kultur im nächsten Frühling aufgestellt sein wird. Alle hoffen, alle bangen.
Bedingt durch die angeschlagene Finanzlage in der Stadt Bern hat der Gemeinderat einen Sparkurs eingeleitet, der auch die Kultur empfindlich trifft oder in den kommenden Jahren treffen und schwächen wird. Der Verein bekult und die Kulturschaffenden haben sich – mit Erfolg – gegen die beantragten Kürzungen des Kulturkredits im Budget 2021 gewehrt. Betroffen gewesen wären Kredite für die freie Produktion. Aber das war erst der Anfang.
Kultur Stadt Bern hat die Partnerinnen und Partner der vierjährigen Leistungsverträge zum Gespräch über mögliche, vorerst noch freiwillig vorgenommene Einsparungen in den Jahren 2022/2023 eingeladen. In einer Mail hat die Leiterin von Kultur Stadt Bern den Vertragspartnerinnen und -partnern angekündigt, dass ab der Vertragsperiode 2024-2027 mit weniger Mitteln als bisher gerechnet werden muss. Weg ist auch die so genannte Bundesmillion. Für die betroffenen Institutionen heisst das konkret: Leistungsabbau, vielleicht eine Ausstellung, ein Konzert, eine Inszenierung weniger.
Die Institutionen jetzt zu drängen, nach weiteren Sparmöglichkeiten zu suchen, ist daher eine Zumutung. Es geht – das ist in keiner Weise dramatisiert, sondern schlicht real – um die Zukunft des Berner Kulturschaffens, somit um das Profil der Kulturstadt Bern. Mit Erleichterung haben wir zur Kenntnis genommen – an einem bekult- Anlass in der Kunsthalle am 16. September von Seiten von Franziska Burkhardt und am Wahlpodium im Kornhausforum vom Stadtpräsidenten selber –, dass an den laufenden Verträgen nicht gerührt werden soll.
Es gibt in Bern quer durch alle Sparten eine nicht nur lokal, sondern bis weit in die Region hinaus verankerte Szene, aber es gibt auch die nationale Ausstrahlung und die internationale Vernetzung. In diesem weiten Spannungsbogen bewegt sich die Berner Kultur und das Berner Kulturschaffen. Dafür, dass diese Kultur auf allen Ebenen funktionieren kann, braucht es in der Kulturförderung neue Ansätze – und zwar jenseits dieses unsäglich bemühenden Ausspielens von freien und gebundenen öffentlichen Leistungen gegeneinander. Die subventionierten Häuser oder Festivals und die freie Szene brauchen einander, die einen haben die Bühnen, die anderen bespielen sie. Fällt das eine aus, muss auch das Andere die Lichter löschen.
Der Politik – Ihnen, dem Gemeinderat der Stadt Bern, dem Stadtrat, den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern – muss jedoch bewusst sein, dass mit einem Abbau der öffentlichen Leistungen auch merklich ein Abbau des kulturellen Angebots einhergeht. Das wird, zugespitzt, die eigentliche Frage sein: Wollen wir weniger Kultur?
Wenn nun bei den Kulturausgaben gespart wird, dann werden Strukturen zerstört, die eigentlich gefördert werden wollen. Genau in der heutigen Situation braucht daher das Kulturleben der Stadt die Unterstützung der Politik. Und man muss es immer wieder sagen: Der Nutzen der Kultur geht weit über die geistigen Impulse, die sie der Gesellschaft liefert, hinaus. Es sind damit auch zahlreiche Arbeitsplätze und eine wirtschaftliche Leistung verknüpft. In diesem Sinne bitten wir die politischen Instanzen, allen Voran den Gemeinderat, um Unterstützung in der jetzigen schwierigen Lage und auch bei den zukünftigen Leistungsvereinbarungen.
Wir danken Ihnen, Herr Stadtpräsident, und dem Gemeinderat der Stadt Bern, für das Verständnis und Wohlwollen gegenüber unseren Anliegen und unseren Sorgen.
Mit besten Grüssen
bekult
Unterzeichnende Kulturveranstalter:
Theaterfestival AUAWIRLEBEN, Bee-Flat, Berner Kammerorchester, Bernisches Historisches Museum, Buskers, Camerata Bern, Dampfzentrale, Kino Rex, Kino Lichtspiel, Konzert Theater Bern, Kornhausforum, Kunsthalle Bern, Reitschule IKUR, Robert Walser Zentrum, Schlachthaus Theater, Theater an der Effingerstrasse, Tojo Theater, BETA Verein Berner Tanzschaffende, t. Theaterschaffende Schweiz – Regionalgruppe t.Bern, Visarte Bern, bekult