Kampf gegen Sparmassnahmen Mit einem Fest rund um den Progr protestiert die Berner Kulturszene gegen Kürzungen. Stadtpräsident Alec von Graffenried stellt sich der Kritik auf einem Podium.
Nach den Sommerferien dürfte zünftig Zug in die Stadtberner Spardebatte kommen. Bis 2. September öffnet sich ein kurzes Zeitfenster, dann bespricht der Stadtrat das Budget fürs nächste Jahr. Und spätestens bis dann muss lobbyiert und mobilisiert haben, wer trotz anderslautender Pläne der Stadtregierung ungeschoren davonkommen will.
Die Kulturszene setzt kommenden Samstag, zum Abschluss der Ferien, schon mal ein Ausrufezeichen. Stadtkunstfest heisst der Anlass, an dem von 11 bis 18 Uhr im Progr-Innenhof, auf dem Waisenhausplatz und auf der Hodlerstrasse ein vielfältiges Programm geboten wird. «Für die Stadtgalerie Bern», heisst es auf dem Flyer. Und: «Gegen die Sparmassnahmen».
Wenn es nach dem Gemeinderat geht, wird die Stadtgalerie im Progr geschlossen, 220’000 Franken pro Jahr sollen so gespart werden. Schon im März, als die verschiedenen Sparmassnahmen publik wurden, brachten sich erste Kritikerinnen und Kritiker dagegen in Stellung. In der Stadtgalerie werden nun am Samstag Ausstellungsplakate gezeigt, die laut Programm «in der Zukunft stattfinden, stattfinden könnten oder nie stattfinden werden».
Ohnehin dürfte am Stadtkunstfest die halbe städtische Kunstund Kulturszene versammelt sein. Es gibt Video-Statements von Kulturschaffenden, Konzerte, Performances oder eine Gerüst- und Lichtinstallation des Berner Künstlers Ronny Hardliz, der damit zwei temporäre Direktzugänge in die Stadtgalerie schafft. Auch für Kinder gibts zahlreiche Angebote, etwa vom Kindermuseum Creaviva unter dem von Paul Klee inspirierten Titel «Eine Linie ist ein Punkt, der spazieren geht». Alle Veranstaltungen sind kostenlos.
Interessant könnten zwei Streitgespräche werden, die vom Verein Bekult organisiert werden. Auf dem einen, um 16.30 Uhr, empfängt Kulturjournalist und Bekult-Präsident Bernhard Giger den Stadtpräsidenten Alec von Graffenried (GFL). Konfrontiert werden könnte dieser etwa mit seiner Aussage gegenüber dieser Zeitung im März, dass es seiner Ansicht nach Sache von Privaten sei, Plattformen für das junge Kunstschaffen zu bieten.
Anders sieht dies Stadträtin Milena Daphinoff (Mitte), wie aus ihrem Beitrag in der jüngsten Ausgabe der Kulturzeitschrift «Ensuite» hervorgeht. Zwar ist sie angesichts der finanziellen Schieflage und unter Wahrung einer gewissen Opfersymmetrie nicht generell gegen Kürzungen im Kulturbereich. In der Stadtgalerie sieht sie aber «eine Nachwuchsschmiede der bildenden Kunst» und «ein Vorbild, das von anderen Schweizer Städten kopiert wurde». Statt diese Institution zu «vernichten», wie Daphinoff schreibt, und statt das Kulturstipendium in New York zu streichen, sieht sie wenn schon andernorts Kürzungspotenzial: etwa bei einem «Sonderkässeli», über das die Leiterin von Kultur Stadt Bern frei verfügen könne, oder beim Kredit Hauptstadtkultur, dessen Verwendung nach der Streichung der Bundesmillion ohnehin unklar sei.
Diskutieren wird Daphinoff ihre Ansichten auf dem anderen Bekult-Podium um 11.30 Uhr, und zwar mit den Stadtratsmitgliedern Franziska Geiser (GB), Katharina Altas (SP) und Tom Berger (FDP). Alle gelten sie als kulturaffin, doch wird es interessant sein, zu sehen, ob und allenfalls wie weit ihre Einschätzungen zu den angedrohten Kürzungen im Kulturbereich auseinandergehen.
Das Programm: stadtkunstfest.ch.
Am Stadtkunstfest sind alle Veranstaltungen kostenlos.