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«Es gibt viel mehr Mittel für die Jugendkultur»

Der Bund, Seite: 27 – 26. August 2019 – Regula Fuchs

Kulturpolitik Was hat die Kulturstrategie seit 2017 bewirkt? Darüber berichtet die Stadt Bern heute an einem Forum. Kulturchefin Franziska Burkhardt sagt, warum der Massnahmenkatalog kein Papiertiger sei.

Franziska Burkhardt, seit fast drei Jahren gibt es nun die neue städtische Kulturstrategie. Darin ist die Rede von «Grundprinzipien» und «Handlungsfeldern». Ist sie mehr als ein Papiertiger?

Ganz sicher. Wir stellen fest, dass in der Verwaltung das Thema Kultur viel besser verankert ist. Einzigartig an der Kulturstrategie der Stadt Bern ist ja, dass sie sich nicht nur auf die Kulturförderung beschränkt, sondern alle Direktionen miteinbezieht. Dass man in Bern viel breiter gedacht hat als üblich und dass das auch ernst genommen wird, finde ich sehr positiv.

Wie muss man sich den Einbezug der Direktionen konkret vorstellen?

Zum Beispiel wurden innerhalb der Verwaltung Kredite an den richtigen Ort verschoben, oder man hat Zuständigkeiten neu verteilt. Darüber hinaus wurden Gremien geschaffen, welche direktionsübergreifende Themen koordinieren.

Laut Massnahmenplan sollte es in jeder Direktion eine für Kultur zuständige Person geben. Ist diese Forderung umgesetzt?

Ja, es gibt diese bestimmten Personen, die Ansprechpartner für kulturelle Anliegen sind. Ausserdem wurde eine Kulturstrategiegruppe mit Vertretern aus verschiedenen Direktionen geschaffen, die sich jährlich trifft und die getroffenen Massnahmen evaluiert.

Ein Schwerpunkt in der Strategie ist die verstärkte Förderung der Kinder- und Jugendkultur. Was hat sich da getan?

Dank der Kulturstrategie stehen sehr viel mehr Mittel für die Kinder- und Jugendkultur zur Verfügung.

Woher kommt dieses Geld?

Dafür wurden Budgets aufgestockt. Der Massnahmenkatalog führt klar auf, welche Ressourcen es braucht, um die Vorhaben umzusetzen.

Es gab ja die Befürchtung, dass die Kulturstrategie – konkret die Stärkung der Kinder- und Jugendkultur – dazu führt, dass Mittel verschoben würden und es zwischen Kulturinstitutionen zum Verteilkampf kommt. Warum ist das nicht passiert?

Solche Verschiebungen waren in der Strategie gar nicht vorgesehen. Es war genau definiert, wo es mehr Geld braucht und wie viele Mittel in der nächsten Budgetrunde beantragt werden können.

Heute berichten Sie am dritten Kulturforum darüber, welche Massnahmender städtischen Kulturstrategie 2017– 2028 bislang umgesetzt worden sind. Was hat man, abgesehen von der Stärkung der Kinder- und Jugendkultur, noch erreicht?

Beispielsweise ist das Polizeiinspektorat sehr stark für kulturelle Anliegen sensibilisiert worden und bemüht sich nun, die Bewilligungsverfahren einfacher zu gestalten. Da lässt sich beobachten, wie eine Direktion ein Bewusstsein für Kultur entwickelt hat. Allerdings ist der Handlungsspielraum beschränkt – weil beim Bewilligungswesen in manchen Fällen der Kanton zuständig ist.

Fürs heutige Forum wurden verschiedene Akteure eingeladen, um die

Ziele für die nächsten Jahre zu bestimmen. Wie gross ist die Motivation der Kulturszene, sich einzubringen?

Es werden nicht nur Kulturschaffende anwesend sein, sondern auch Personen aus der Verwaltung, aus den Quartieren, aus der Politik – rund 180 Interessierte. Das deutet auf eine grosse Motivation hin.

Was umgesetzt wurde – und was nicht: Vier Beispiele

Im November 2016 wurde die Kulturstrategie der Stadt Bern für die Jahre 2017 bis 2028 vorgestellt, ein 60-seitiges Strategiepapier, in dem sechs «Handlungsfelder» von «Ausstrahlung» bis «Zugang zu Kultur» formuliert waren. Daraus wurde ein Massnahmenkatalog für 2017–2020 destilliert, der die konkrete Umsetzung der Forderungen beschreibt – etwa die Vereinfachung des Bewilligungswesens. Heute berichtet die Stadt im Rahmen des 3. Kulturforums über das bisher Erreichte. Zudem sollen die Ziele für die Jahre 2021 bis 2024 definiert werden.

— Bewilligungsverfahren

Die Stadt solle sich dafür einsetzen, dass die Gemeinde die Bewilligungskompetenz im Bereich Gastgewerbe erhalte, fordert die Kulturstrategie. Dies gelang bisher nicht. Obwohl die Stadt Bern dafür lobbyierte, lehnte der Regierungsrat eine entsprechende Motion ab, die forderte, dass die Stadt selbst über Bewilligungen von Aussenbestuhlungen bei Restaurants oder über deren Öffnungszeiten befinden kann. Im März dieses Jahres wurde im Grossen Rat erneut eine Motion eingereicht, die dies fordert. Sie wurde von Politikern von links bis rechts unterzeichnet.

— Jugendkulturpass

Mit der Kulturstrategie wollte die Stadt Bern die Bereiche Kinder- und Jugendkultur vermehrt fördern. Eine darin festgehaltene Massnahme war die Schaffung eines «Jugendkulturpasses», mit welchem Jugendliche und junge Erwachsene vergünstigt Einlass zu kulturellen Veranstaltungen erhalten. Diese Massnahme ist bereits erfüllt. Es wurde dafür der Verein «16-26» gegründet, an dem sich heute 30 Kultureinrichtungen beteiligen. Die Verantwortung für die Konzeption oblag den Kultureinrichtungen. Die Abteilung Kultur der Stadt Bern hat den Verein bis 2017 finanziell unterstützt. Bis dahin wurden 250 Pässe für je 30 Franken verkauft, heisst es bei der Stadt. Mit dem Jugendkulturpass besuchen junge Leute etwa Veranstaltungen des Stadttheaters für 15 Franken oder zahlen nur den halben Preis eines Bee-Flat-Konzerttickets.

— Museumsquartier

«Entwicklung von konzeptuellen Ideen für die Stärkung und Vermarktung des Berner Museumsquartiers»: So hiess es im Massnahmenkatalog unter dem Punkt «Ausstrahlung». Zunächst ging es den involvierten Museen im Kirchenfeld bloss darum, einzelne gemeinsame Veranstaltungen zu entwickeln oder sich gemeinsam zu vermarkten. Aus diesen Diskussionen heraus entstand dann ein Grossprojekt: das «Museumsquartier», ein Kulturpark mitten im Kirchenfeld mit unterirdischem Depot, der die Museen räumlich verbinden und inhaltlich vernetzen soll. «Das Museumsquartier ist ein Beispiel dafür, dass sich eine in der Kulturstrategie formulierte Massnahme in eine ganz neue Richtung entwickelt hat – die aber womöglich besser ist als die ursprüngliche», sagt Franziska Burkhardt, die als Leiterin der Kulturabteilung in das Projekt involviert ist.

— Veranstaltungsagenda

Berns kulturelles Leben müsse zeitgemäss vermarktet und präsentiert werden, das forderten Berns Kulturschaffende. Es brauche daher ein «Informationskonzept zu kulturellen Angeboten», heisst es in der Kulturstrategie. In den letzten Monaten wurde klammheimlich eine neue Veranstaltungsagenda auf der Website der Tourismusorganisation Bern Welcome aufgeschaltet – diese Datenbank ist für Gäste aus dem Ausland sowie für Bernerinnen und Berner gedacht. Gewisse «Kinderkrankheiten» dieser Agenda würden noch korrigiert, heisst es bei der Stadt. Sobald der Kalender finalisiert ist, sollen alle Arten von Events in der Stadt und Region Bern darin ersichtlich sein. Nicht involviert in die Planung der neuen Veranstaltungsagenda wurde – zu dessen Überraschung – Bekult, der Verein der Berner Kulturveranstalter. (sie/reg)