Liebe bekult-Mitglieder
Berns Kulturpolitik ist in Bewegung. Auf kantonaler Ebene hat sich Regierungsrat Bernhard Pulver verabschiedet. In der Kulturpolitik hat der Erziehungsdirektor Zeichen gesetzt, die nachwirken: Der Ausbau der Filmförderung, eine Kulturstrategie, die alle paar Jahre überprüft wird, ein revidiertes Kulturförderungsgesetz, thematische Schwerpunkte wie Bildung und Kultur oder jüngst die Kulturelle Teilhabe. Mit Bernhard Pulver hatten wir die Gewissheit: Mindestens einer im Regierungsrat vertritt kompetent unsere Sache. Herzlichen Dank!
In der Stadt spitzt sich die wichtigste kulturelle Personalie des Jahres allmählich zu: Diese Woche haben die Bewerbungsgespräche für die Nachfolge von Veronica Schaller begonnen. Anfang Mai hat die Präsidialdirektion die Vierjahresplanung 2020-2023 der Kulturförderung in die Vernehmlassung geschickt; sie dauert bis zum 2. Juli 2018. Was jetzt vorliegt, sind die Vorstellungen von Kultur Stadt Bern und insbesondere wohl auch des Stadtpräsidenten. Das heisst, an dem Papier werden der Gemeinderat vielleicht und der Stadtrat sicher noch herumbasteln. Die 2,3 Millionen mehr für die Kultur sind noch nicht im Trockenen, der Kuchen ist noch nicht aufgeteilt.
bekult nimmt als Verein an der Vernehmlassung nicht teil, fordert aber seine Mitglieder ausdrücklich auf, sich – aus ihrer jeweiligen Sicht und zu ihrer Förderung, aber auch ganz grundsätzlich – zu äussern. Zu einem Dialog über die Kulturförderung hat vor dem Hintergrund der laufenden Vernehmlassung die Berner Kulturkonferenz eingeladen. Ihre Fragen sind klar und direkt: Was soll gefördert werden? Wie wird das Geld eingesetzt? Wer profitiert davon? Wo hat es Lücken im Förderungssystem? (www.kulturkonferenz.ch). In den eigentlichen politischen Prozess über die Vierjahresplanung 2020-2023 wird sich bekult aber durchaus einbringen, etwa indem wir mit der Politik das Gespräch suchen, um Verständnis zu schaffen und Missverständnisse zu korrigieren.
Auf einen Punkt in der Vernehmlassung, der es immerhin ins Kapitel «Weitere Themen» geschafft hat, möchte ich jedoch hinweisen, weil er gerade für bekult, für die Veranstalter, von besonderer Bedeutung ist: die Plakatierung und die Bewirtschaftung der Plakatsäulen. Dem Thema sind zwar bloss sechs Zeilen gewidmet, aber wir wollen positiv denken und hoffen, dass sich endlich etwas tut. Zum Beispiel bei den Kultursäulen. Sie stehen in den Aussenquartieren, das ist gut gemeint. Aber sie sollten vor allem dort stehen, wo die meisten Menschen vorbeigehen, auch die auswärtigen Besucher und Besucherinnen der Stadt, also auf den Plätzen der Innenstadt. Dort stehen jetzt zwar immer zahlreicher die hässlichen Eisenständer, die der erste starke Windstoss jeweils gleich umlegt. Sie sind nicht nur keine Zierde, sie sind auch noch gefährlich. Die Kultursäulen in die Innenstadt zu bringen müsste eigentlich relativ problemlos machbar sein. Bei der roten Bestuhlung der Innenstadt-Plätze ist es ja auch ganz flott gegangen.
Abschied. Am 4. Mai ist, 66-jährig, Berns früherer Stadtpräsident Alexander Tschäppät gestorben. Er hatte Krebs, die Öffentlichkeit wusste seit einigen Monaten davon. Durch seinen kurzen letzten Lebensabschnitt ist er mit grosser Würde gegangen.
An der Trauerfeier im Münster hat Alexander Tschäppäts Lebenspartnerin Christine Szakacs einen für diesen Anlass geschriebenen Brief von ihm vorgelesen. Daraus einige Zeilen: «Uns alle verband das Ringen um eine Idee, das Wissen um Verbundenheit und Verbindlichkeit. Oft erlebte ich ein Miteinander, das von Respekt, Anerkennung und Wertschätzung geprägt war. Wenn Enttäuschungen und Verletzungen geschahen, durfte ich auf Freunde zählen und auf meine Familie. Ich wünsche uns allen, dass Aufrichtigkeit die gemeinsamen Anstrengungen bestimmt, Leidenschaft, und das Wissen, dass im öffentlichen Leben das kostbarste Gut, das wir verlieren können, die politische Kultur ist. Die gegenseitige Achtung. Der Umgang miteinander. Und das Vertrauen der Menschen zueinander und in die Welt.»
Als Alexander Tschäppät 2004 Stadtpräsident wurde, konnte er auf die fast geschlossene Unterstützung der Kultur zählen. Selten war ein Politiker so sehr auch der Kandidat der Kulturschaffenden gewesen. Er hat sich für sie eingesetzt, persönlich, mit politischen Mitteln, doch er musste sie auch enttäuschen. Aber er konnte gut zuhören und war zu überzeugen, er versuchte zu vermitteln und konnte vermitteln. Mit der Kultur verbanden ihn auch Freundschaften. Wer Balthasar Burkhards grossformatige Bilder im Büro aufhängt, schaut anders auf seine Stadt.
Alexander Tschäppät hatte den Brief für die Feier im Münster geschrieben, «um ein letztes Mal adieu zu sagen».
Adieu, Alex.
Aus dem Vereinsleben. Am 19. März fand im Kornhausforum die bekult-Mitgliederversammlung statt. Am 22. Mai besuchte bekult das Theaterfestival AUAWIRLEBEN: Apéro im Festival-Zentrum im Progr, danach Besuch des Schauspiels «Vater» von Dietrich Brüggemann in einer Inszenierung des Deutschen Theaters Berlin. Noch nie stiess ein Anlass der Reihe «bekult besucht» auf solch grosse Resonanz, über 80 Personen meldeten sich an; einige mussten wir enttäuschen, weil es im ausverkauften Schlachthaus Theater einfach nicht mehr Plätze gab.
Kürzlich verschickt wurde die Einladung zum bekult-Gipfel am 11. Juli 2018 um 17 Uhr, der in diesem Jahr wieder ein Gurten-Gipfel ist. Der Programm-Rahmen gestaltet sich wie immer: Ein Thema – «Kultur? Pessimismus? Wertewandel?» –, dazu ein Input-Referat von Ursula Pia Jauch und danach ein von Gisela Feuz moderiertes Podium mit Jauch, Livia Anne Richard und Nicolette Kretz, später ein gemeinsames Znacht mit Hamme und Hardöpfelsalat, dann vielleicht noch ans Gurtenfestival, zum halben Preis eines VIP-Tickets. Anmeldung bis Ende Juni.
Einen erholsamen Kultursommer wünscht
Bernhard Giger