Liebe bekult-Mitglieder
Die Kulturpolitik füllt gegenwärtig Zeitungsseiten, man könnte fast meinen, sonst seien dem öffentlichen Diskurs in Bern aufs Jahrsende die Themen ausgegangen. Aber wir nehmen es gern zur Kenntnis: Berns Kulturschaffen, damit auch die Arbeit der bekult-Mitglieder, sorgt für Gesprächsstoff und Emotionen.
Zu einem Abschluss gekommen – nach fast einem Jahr – scheint die politische Aufarbeitung der «Skandalparty» der Kulturabteilung im Januar in der Dampfzentrale. Was medial als «Beamtenparty» tituliert wird – ich war wie viele andere dort, Beamte und Beamtinnen habe ich kaum gesehen, aber jede Menge Kulturmenschen –, war der Abschiedsanlass für Peter Schranz, langjähriger Mitarbeiter und Vizechef von Kultur Stadt Bern, und ein Dank an die Mitglieder der Kulturkommissionen der Stadt. In der «Bund»-Berichterstattung über den Bericht der Aufsichtskommission des Berner Stadtrats zu den Kosten der Veranstaltung wird das nicht einmal erwähnt. Beamtenparty eben.
Es geht bei dieser Sache ganz offensichtlich weniger um die Kultur, es geht vielmehr um Fragen von Aufsicht und Führung zwischen Gemeinderat und Stadtrat – und vielleicht noch um ein paar politische Rangeleien. Aber jedenfalls scheint das Geschäft fürs Erste erledigt. Was passiert ist, war nicht wirklich gravierend, befand die Kommission, aber es besteht Handlungsbedarf, Kulturförderungsgeld darf zum Beispiel für solche Anlässe nicht mehr ausgegeben werden – es ging um die Technikkosten für den Auftritt von Züri West. Der Stadtpräsident liess verlauten, er nehme die im Bericht geäusserte Kritik ernst und werde entsprechende Vorkehrungen treffen. Erledigt.
In die nächste Runde, den politischen Prozess, geht die Kulturförderung 2020-2023 der Stadt. Der Gemeinderat hat das Geschäft zuhanden des Stadtrats verabschiedet. So wie es aussieht, wird die Kulturförderung in dem vorgegebenen Rahmen weitgehend unbeschadet durch den Stadtrat kommen.
Es gibt bis jetzt keinen gewichtigen Widerspruch gegen die Erhöhung der Kulturausgaben. Aber es gibt einzelne Punkte, die für Diskussionen sorgen. Die bescheidenen 100’000 Franken, die für die Altstadtkultur bereitgestellt werden sollen, stehen auf einmal am Ausgangspunkt einer neuen Auseinandersetzung mit der Kultur der Altstadtkeller. Wie viel Tradition soll bewahrt, wie viel Neues ermöglicht werden?
Über die Wiederbelebung der Altstadtkultur sprechen übrigens auch die Teilnehmenden eines ausführlichen Gesprächs, das die HKB-Zeitung mit Stadträtin Milena Daphinoff, Christoph Ris vom Dachstock, Dampfzentrale Co-Leiterin Anneli Binder und KTB-Opern- und Konzertchef Xavier Zuber geführt hat. Sehr lesenswert: PDF HKB_Zeitung_04_2018 Roundtable
Die spannendste Diskussion hat sich an der Erhöhung des Beitrags an die Grosse Halle entzündet, respektive der Begründung der zusätzlichen Subvention. Verkürzt: Die Grosse Halle hat sich von Besetzern erpressen lassen und verzichtet auf kommerzielle Partys, deshalb muss die Stadt nun mehr bezahlen. Das Leiter-Team der Grossen Halle hat die politische etwas aufgeregte Debatte klug gekontert: «Die Besetzung war inspirierend», sagte Nina Engel im «Bund»-Interview, «wir wurden gezwungen, über Sachen nachzudenken. Zum Beispiel über die Zugänglichkeit von Kultur, über Eintrittspreise und wie Kultur finanziert wird.»
Ja, genau, das sind die relevanten Themen. Vor dem aktuellen kulturpolitischen Hintergrund: Was darf die Stadt erwarten und einfordern von denen, die sie fördert? Sie verlangt, durchaus richtig, schon jetzt einiges; Eigenfinanzierungsquoten von 20 Prozent sind keine Kleinigkeit und oft nur schwer zu erbringen. Und in den neuen, ab 2023 gültigen Verträgen werden erstmals auch die erwarteten Eintrittszahlen genannt. Das Quotendenken hält Einzug in die Kulturförderung.
Aber ob jemand so genannte kommerzielle Partys organisiert oder nicht, das hat, mit Verlaub, nicht der öffentliche Geldgeber zu bestimmen. Das müssen die geförderten Kulturbetriebe schon selber entscheiden können. Sie wissen es ja auch zu begründen. Weil sie wissen, von was sie reden.
Wie auch immer, wo auch immer, die Kultur ist im Gespräch. Was wollen wir mehr?
Allen eine gute Zeit und einen schönen Jahreswechsel.
Bernhard Giger