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«Was ist uns die Kulturstadt Bern wert?»

Alexander Sury, Der Bund – 12. August 2021

Fest als Protest Mit einem vielfältigen StadtKunstFest rund um das Kulturzentrum Progr demonstriert die Berner Kulturszene am Samstag gegen Sparmassnahmen im Kulturbereich.

«Für die Stadtgalerie Bern» und «Gegen die Sparmassnahmen» heisst es auf dem Flyer. Mit dem StadtKunstFest am kommenden Samstag, organisiert von Bekult, dem Dachverband der Berner Kulturinstitutionen, will die Kunstszene nicht nur ein Wiedererwachen nach der Corona-Pandemie feiern, sondern auch ein klares Zeichen gegen die städtischen Sparmassnahmen setzen. Die Sparmassnahmen der Stadt sehen bekanntlich unter anderem vor, die traditionsreiche, 1966 gegründete Stadtgalerie im Progr zu schliessen und so jährlich 220’000 Franken einzusparen.

Für Stadtpräsident Alec von Graffenried, in dessen Präsidialdirektion auch die Kultur beheimatet ist, gehört die Stadtgalerie «nicht mehr zum Kerngeschäft der Berner Kulturförderung». Die Gegner der Schliessung sehen dagegen in der Stadtgalerie einen wertvollen, international ausstrahlenden Ort niederschwelliger Förderung und Vernetzung. Am 2. September wird der Stadtrat in seiner Sitzung definitiv über das Schicksal der Stadtgalerie befinden. Unter dem Titel «Galleria Di Berna» werden in der Stadtgalerie seit letzter Woche und auch am Samstag passenderweise Ausstellungsplakate gezeigt, die «in der Zukunft stattfinden, stattfinden könnten oder nie stattfinden werden».

Der Schliessung der Stadtgalerie und den weiteren Sparmassnahmen will die Kulturszene mit einem Fest entgegenwirken, das einerseits ein Schaufenster in die vielfältige Berner Kulturszene öffnet und andererseits von einer laut Veranstalter «lebhaften und positiven Atmosphäre» geprägt sein soll. Neben Video-Statements von Kulturschaffenden, Konzerten (u.a. Mario Batkovic) und Performances («Stabile Runde» um den Meret-Oppenheim-Brunnen) präsentiert etwa der Berner Künstler Ronny Hardliz eine Gerüst- und Lichtinstallation und schafft damit temporäre Direktzugänge von der Hodlerstrasse und vom Waisenhausplatz in die Stadtgalerie.

Giger gegen von Graffenried

Auch für Kinder gibt es zahlreiche Angebote, unter anderem vom Kindermuseum Creaviva, das Paul Klees berühmten Satz «Eine Linie ist ein Punkt, der spazieren geht» kurzerhand in die Tat umsetzt, wenn Langpinsel über Packpapier laufen und Spazierwege farbig werden. Im Showroom videokunst.ch wird Berner Videokunst aus der Sammlung des Kunstmuseums Bern gezeigt und damit auch dokumentiert, wie etliche Künstlerinnen und Künstler über erste Ausstellungen in der Stadtgalerie später den Sprung in eine bedeutende institutionelle Sammlung geschafft haben.

Spannung versprechen die Podiumsdiskussionen und Streitgespräche zwischen Politikern und Vertretern der Kultur: Um 11.30 Uhr diskutieren unter dem Titel «Was ist uns die Kulturstadt Bern wert?» mit der Mitte-Politikerin Milena Daphinoff – einer dezidierten Gegnerin der Stadtgalerie-Schliessung – Franziska Geiser (GB), Katharina Altas (SP) und Tom Berger (FDP) gleich vier Stadträtinnen und Stadträte unterschiedlicher parteipolitischer Couleur über Verdienste und Versäumnisse von Berns Kulturpolitik. Um 16.30 Uhr kommt es dann zu einem reizvollen rhetorischen Duell zwischen dem höchsten Stadtberner Politiker und seinem kulturpolitischen Konterpart: Der langjährige Kornhausforum-Leiter und Bekult-Präsident Bernhard Giger fühlt Stadtpräsident Alec von Graffenried (GFL) auf den kulturellen Zahn.

Samstag, 14. August, 11-18 Uhr, Progr-Innenhof, Waisenhausplatz und Hodlerstrasse. Marktstände, Workshops und Aktionen von Künstlern und Institutionen. Alle Veranstaltungen sind kostenlos. www.stadtkunstfest.ch

Der Berner Künstler Ronny Hardliz schafft mit seiner Installation zwei temporäre Direktzugänge in die Stadtgalerie. Foto: David Aebi